Pt100 / Pt1000 -Temperaturmessung mit den analogen Kanälen des Hubo
Motivation
Die Motivation der vorliegenden Betrachtung geht auf diesen Beitrag (HUBO und Pt1000) zur Temperaturmessung mittels eines Pt1000 Temperatursensors in einer Solaranlage zurück. Da für die vorliegenden Untersuchungen kein Pt1000 Sensor zur Verfügung stand, wurde auf einen Pt100 Sensor zurückgegriffen, um aufzuzeigen welche Ergebnisse bei einer direkten Messung an einem 12 Bit AD-Wandler ohne weiterer Zusatzbeschaltung als der eines Spannungsteilerwiderstandes erwartet werden können.
Kritik
Vorab muß angemerkt werden, daß eine Pt100/1000 Temperaturmessung per Spannungsteiler ohne weitere Vorverstärkung wenig ideal ist. Zum einen fällt der Signalhub gegenüber der Speisespannung recht gering aus, zum anderen ist die Speisespannung nach oben begrenzt, da es aufgrund des Stromflusses durch den Sensor zu einer nicht vernachlässigbaren Selbsterwärmung kommt. Im Sinne einer geringeren Unlinearität des Meßsignals sowie der Eliminierung von Störgrößen auf dem Signalübertragungsweg sind Brückenschaltungen mit Differenz(vor)verstärker besser geeignet. Oft wird der Weg vom Sensor zum Meß(vor)verstärker auch in Mehrleitertechnik ausgelegt, um Übertragungsverluste bzw. Störungen kompensieren zu können.
Als Alternative zu Pt100/1000 Sensoren empfehlen sich Kaltleiter (z.B. KTY81-xxx), wenn eine höhere Auflösung im oberen Temperaturbereich gefordert ist bzw. Heißleiter (z.B. NTC10k, NTC20k), wenn eine höhere Auflösung im niedrigen Temperaturbereich gefordert wird.
Wenn die Infrastruktur nun aber gegeben ist und es doch irgendwie gehen muß…
Theoretische Vorbetrachtungen
In Solaranalgen treten zuweilen Temperaturen jenseits von 100°C auf, womit Halbleitertechnik mit integriertem Vorverstärker langsam an ihre Grenzen stößt (der MCP9700 ist z.B. bis max. 150°C spezifiziert) und der PT100/1000 Sensor daher gern eingesetzt wird. Dieser erlaubt bei entsprechender Vorverstärkung einen sehr hohen Meßbereich, der zwar oft nicht Anwendung findet, jedoch Temperaturen bis 200°C spielend abdeckt. Sollte die Applikation keine allzu großen Anforderungen an die Genauigkeit stellen, so kann unter Umständen ein Pt100/1000 Sensor in einfacher Spannungsteilerschaltung eingesetzt werden.
Was kann man von so einem Konzept erwarten?
Betrachten wir einen Pt100 Widerstand an einem Spannungsteiler 1:2, d.h. mit einem Vorwiderstand von seinerseits 100 Ohm. Die Brückenspannung betrage 5V und die Referenzspannung des 12Bit (4096 Digit) AD-Wandlers 2,5V. Bild 1 zeigt die erwarteten Spannungen und Digits des Wandlers bei Temperaturen zwischen 0°C ... 150°C.
Tabelle 1: Spannungen, Ströme und Wärmebelastung des Pt100 bei Temperaturen zwischen 0°C und 150°C.
Leicht erkennt man die mittlere Auflösung zwischen 0°C und 100°C/(4095-3434) = 0,1512 °C/Digit.
Anmerkung:
Die Wärmebelastung des Pt100 durch Eigenerwärmung ist aufgrund des hohen Stromes sehr hoch. Nachdem der anschließende Versuchsaufbau jedoch für eine gute Wärmeübertragung sorgt, kann dieser Effekt hier vernachlässigt werden. In der Praxis werden häufig (die für diesen Einsatzzweck besser geeigneten) Pt1000 Sensoren verwendet. Tauscht man hier den 100 Ohm Widerstand gegen einen 1000 Ohm Widerstand aus, ergeben sich die gleichen Auflösungen wie im obigen Rechenbeispiel jedoch bei lediglich 1/10tel der Wärmeentwicklung.
Versuchsaufbau und Durchführung
Der Versuch wurde bewußt mit „Hausmannsmitteln“ durchgeführt, da hier nur aufgezeigt werden soll, in welcher ungefähren Größenordnung Theorie und Praxis zueinander liegen.
Als Referenztemperaturen kommen 0°C in Form einer Eis-Wassermischung und 100°C in Form von siedendem Wasser zum Einsatz. Durchgeführt wird das Experiment in einem ausgedienten Wasserkocher. Bild 1 zeigt den Versuchsaufbau mit dem Sensorstab im Eiswasser.
Bild 1: Versuchsaufbau – Sensor im Eiswasser des Wasserkochers.
Die Temperaturmessung wurde nach dem Einfüllen von Leitungswasser gestartet (0s ... etwa 200s). Nach einiger Zeit wurden die Eiswürfel hinzugegeben (bei etwa 200s) und mehrfach umgerührt, bis die Minimaltemperatur (0°C) erwartungsgemäß den maximalen Meßbereich von 4095 Digits erreicht hatte. Bei der Versuchszeit von ungefähr 1700s wurde der Wasserkocher eingeschaltet, was an einem Spannungsabfall bis etwas über 1800s zu erkennen ist. Anschließend stellt sich dann die Temperatur von 100°C bei einem Minimum von 3484 Digit ein. Bild 2 zeigt den Temperaturverlauf während des Versuchs.
Bild 2: Temperaturverlauf während des Versuchs.
Das Rauschen der Gesamtanordnung lag bei ungefähr +-3 Digit (also +-0,5°C), ermittelt während der „Eiswasserphase“ (Versuchszeit 900s ... 1100s). Bild 3 zeigt das diesbezügliche Signal.
Bild 3: Signalrauschen um 0°C (Eiswasser).
Die Auswertung der Meßergebnisse der AD-Wandlerwerte zeigt die folgenden Maximalwerte und Minimalwerte für die Temperaturen 0°C und 100°C (Tabelle 2).
Tabelle 2: Gemessene Grenzwerte des AD-Wandlers bei 0°C und 100°C.
Die mittlere meßtechnische Auflösung ergibt sich zwischen 0°C und 100°C somit als 100°C/(4095-3484) = 0,1637 °C/Digit.
Fehlerbetrachtung
Dem aufmerksamen Leser ist nicht entgangen, daß die im Versuch ermittelte Auflösung (0,1637° C/Digit) mit etwa 8% doch recht erheblich von der rechnerischen Auflösung abweicht (0,1512 °C/Digit). Die Ursachen hierfür sind vielfältig. Die Brückenspeisespannung wurde dem gleichen Netzteil entnommen, woraus auch der Raspberry Pi gespeist wurde, weicht von 5V ab und besitzt auch nicht die Spannungsstabilität der Referenzspannungsquelle (siehe Rauschen), der Brückenwiderstandswert beträgt nicht genau 100 Ohm und die Referenzspannung ist zwar stabil, liegt aber ebenfalls nicht genau bei 2,5V. Diese und andere Umstände (z.B. die Temperaturdrift des Vorwiderstandes) führen zu einer Verfälschung der Meßergebnisse.
Fazit
Wie man der Fehlerbetrachtung entnehmen kann, bedarf eine solche Meßkette einer zwingenden Kalibrierung. Aufgrund dessen, daß eine so ausgelegte Spannungsteilerschaltung das an sich lineare Widerstandssignal der Pt100/1000 Sensoren krümmt, sollte nicht allein auf eine 2-Punktkalibrierung abgestellt werden. Je mehr Stützpunkte verwendet werden, umso besser.
Ebenfalls verbessert werden kann das Ergebnis durch Einsatz einer Vollbrücke, ggf. sogar unter Verwendung zweier Sensoren mit nachgelagerter differentieller Spannungsmessung am AD-Wandler. Erwartungsgemäß sollten Auflösung und Linearität steigen.
Gereicht die Größenordnung der hier ermittelten Auflösung und Genauigkeit (unter Einsatz einer Kalibrierung) der Anwendung, so kann eine Temperaturmessung behelfsmäßig per Pt100/1000 mittels einfachem Spannungsteiler erfolgen. Aufgrund der niedrigeren Stromaufnahme (und damit geringeren Selbsterwärmung) bei gleicher Auflösung ist der Pt1000-Variante der Vorzug zu geben.
Schöne Grüße
schnasseldag