EU Copyright-Reform

  • Ich denke das hier keiner der Beteiligten für eine Zensur des Internets steht

    Andere hingegen nutzen gerade die Gunst der Stunde.

    https://netzpolitik.org/2019/d…tische-inhalte-ausweiten/


    Es ist doch unstrittig, dass wir ein angepasstes Urheberrechtsgesetz brauchen, bei dem die Urheber fair behandelt werden und die Belange der modernen Kommunikation berücksichtigt werden.

    Bekommen könnten wir nach dieser Vorlage aber eher eines, dass die Rechte der Verlage/Verwerter stärkt - wie ist z.B. Artikel 16 (früher 12) sonst zu werten, der eine geltende Entscheidung des EuGH und BGH ignoriert und den Verwertern ungerechtfertigt Gebühren zuschanzt, die einzig den Kultur-/Kunstschaffenden zusteht? - und ganz nebenbei eine Gefahr für das freie (nicht rechtsfreie) Internet wird.

    Wenn du nichts zu sagen hast, sag einfach nichts.

    Edited once, last by llutz ().

  • ich habe in meinem Leben die Erfahrung gemacht, dass die Rechtsprechung letztlich der Computerprogrammierung durchaus artverwandt ist: Ein Rechtsfall wird (vereinfacht gesagt) nach und nach hinsichtlich der verschiedenen in Frage kommenden Gesetze betrachtet und (vom Richter) abgewogen. Dies ist ähnlich einem Programm, bei dem eine oder mehrere if-elseif-Kette(n) abgearbeitet werden, um am Ende abhängig von den parametrierten Ausgangswerten (Rechtsfall, Klage etc.) zu einer Aktion (Verurteilung, Freispruch etc.) zu kommen.

    Der kleine aber feine Unterschied besteht darin, dass beim Computerprogramm sowohl die Parametrierung als auch die Bedingungen in den if's klar und präzise ausforumliert werden müssen, während in der Justiz fast ausschließlich nur schwammige und dehnbare Begriffe vorkommen, die eine klare und nachvollziehbare Ergebnisfindung sehr schwierig machen. Da kommt dann die "Steuerung" des Vorgangs von außen ins Spiel, einerseits über (teure) Anwälte während des Verfahrens oder andererseits bereits im Vorfeld in der Gesetzgebung durch Einflussnahme über sehr mächtige(?) Interessenvertreter (Lobbyisten).


    Bezogen auf Artikel 5 im Grundgesetz sehe ich bei Abarbeitung der Paragraphen (ehemals) 11 und (ehemals) 13 der EU-Richtlinie bei entsprechender Auslegung keine Kollision:

    Quote

    1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

    Wenn §13 die Veröffentlichung verhindert, ist die Quelle wohl einfach nicht allgemein zugänglich. Und das unabhängig von irgendwelchen Uploadfiltern und Ähnlichem...

    Quote

    (2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

    Ein nationales Gesetz, das die §§11 und 13 in nationales Recht umsetzt (wie immer so schön gesagt wird) fällt genau unter Art. 5 GG Abs. 2. Eine Umsetzung der am 26.03.2019 beschlossenen EU-Richtlinie verstößt somit nicht gegen Art. 5 GG, sondern liefert nur eine (weitere) konkrete Bestimmung zur Auslegung des GG.

    Quote

    (3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

    -- für die Urheber (bzw. deren Rechteverwerter)


    Bei computerprogrammmäßiger(?) Abarbeitung komme ich somit zu dem Schluss, dass sich Art. 5 GG und eine kommende Copyright-Novelle nicht tangieren werden und letztere daher in Deutschland problemlos grundgesetzeskonform eingeführt werden kann/wird.


    Meine unmaßgebliche persönliche Meinung dazu:

    Google & Co. schüren einerseits die berechtigte Angst der Internetnutzer z.B. über die YouTube-Kampagne gegen §13. Vordergründig wettern sie damit gegen Maßnehmen wie Uploadfilter und finden bei den Nutzern Gehör. Andererseits gehen dann vom selben Verein die Lobbyisten in die Politik und zeigen dem (ahnungslosen) Herrn Voss und Konsorten die vielen Demonstrationen "des Mobs" und sagen, dass so mit den armen Urhebern nich umgegangen werden könne. Und warum? Weil die Internetriesen die einzigen sind, die es im Kreuz haben, geeignete Maßnahmen im Sinne der Reform treffen zu können, sei es über die berüchtigten Uploadfilter oder über andere äußerst kostspielige Maßnahmen.

    Aufgrund des Verlustes vieler kleiner und unabhängiger (independent) Plattformen durch diese Reform wird eine Konzentration auf die wenigen, hauptsächlich amerikanischen Internetriesen stattfinden. Das ist noch keine Zensur aber doch ein sehr ausgeprägtes Mittel des gesteuerten Meinungsmanagements, wie es sich die Mächtigen unserer Wirtschaftsordnung gerne wünschen.

    • Official Post

    schlizbäda

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    Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

    ist der relevante Teil! ;)



    Auf alle Fälle gibt es "Onlinedurchsuchungen", dass Gesetz dafür ist ja schon lange durch.

    Wo waren die Europaweiten Demos dagegen und der Aufschrei in den "Sozialen" Medien?

  • Wo waren ...der Aufschrei in den "Sozialen" Medien?

    Verpennt? Auch da gab's reichlich Kritik aus vielen Richtungen, u.a. seitens CCC, Piraten Partei, DigitalCourage uvm.

    Wenn du nichts zu sagen hast, sag einfach nichts.

  • "Massen"?

    DE ~100.000 von 80Mio, EU-weit lass es vielleicht nochmal so viele gewesen sein - bei >500Mio Einwohnern.

    Eher "Furz mitleidiges Häufchen" .

    Wenn du nichts zu sagen hast, sag einfach nichts.

  • ist der relevante Teil! ;)

    Das finden hoffentlich alle auch gut. Nur im nächsten Absatz steht doch, das es "bei Bedarf" eben doch eine Zensur geben kann:

    Quote

    (2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

    Ein entsprechendes Gesetz kann also (1) "aushebeln". Die Ausnahme von der Regel sozusagen.

  • + Art 17, Satz 1 GG

    + evtl. noch zu beschließende Gesetze

    Das GG, damit auch die Grundrechte in Art 1-19, ist/sind leider nicht unantastbar.

    Wenn du nichts zu sagen hast, sag einfach nichts.

  • Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.


    ist der relevante Teil! ;)

    Ich hoffe, dass Du damit recht hast und nicht ich in Beitrag #142. Wie gesagt, Gesetzestexte und Vorschriften werden gerne vage, unpräzise und schwammig gehalten. Damit gibt es mehrere mögliche Wege bei einer Urteilsfindung, je nachdem, welcher Nebensatz in den Fokus gerückt wird...

    Das ist genau die Sache, die den Ausgang von Gerichtsverhandlungen etc. für den Laien immer so unvorhersehbar macht.

    • Official Post

    (1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
    (2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
    (3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

    ;)


    So, ich widme mich nun wieder dem Daily Buisness.

  • Und leider gibt es trotztdem immer wieder Gesetze oder Versuche solche Gesetze zu schaffen, die gegen das Grundrecht verstossen.

    Nein. Damit sind der Aufruf zu Verbrechen, der Jugendschutz und Beleidigungen gemeint.

    Das steht da aber nicht. Vielleicht wo anders. Wie auch immer, geht das meiner Meinung nach in den Bereich schwammig (wie schlizbäda geschrieben hat), oder Auslegungssache. Dann gibt es auch Gesetze die "aus der Zeit gefallen sind", einfach unsinnig sind, oder nicht dem gesunden Menschenverstand entsprechen. Leider zu viele Lobbyisten und Juristen in der Politik. :(

  • Ich hoffe, dass Du damit recht hast und nicht ich in Beitrag #142.

    Eigentlich müsste Dir aber klar sein, dass die Richtlinien-Rechtfertigung mit Bezug auf Art 1 und 5 GG völlig substanzlose Nebelbomben sind... die Richtlinie steht nämlich in absolut keinem Konflikt mit dem GG. Und somit kann man die Richtlinie genauso gut mit einer beliebigen Rechtschreibregel rechtfertigen, weil die Richtlinie vielleicht grammatikalisch, syntaktisch und wasweissich keine Fehler enthält und korrekt formuliert ist.


    Diese Richtlinie schränkt jedenfalls NICHT die Meinungsfreiheit ein. Wer etwas anderes behauptet, der lügt. Was diese Richtlinie (später als Gesetz) tut, ist deutlich perfider ...sie lässt zwar unverändert Meinungen zu und belässt jedem in dem Glauben, er dürfe eine Meinung haben. Aber gleichzeitig hat sie die Macht, Meinungsäußerungen von der Masse potentieller Zuhörer (durch den Filter) zu isolieren... und zwar immer dann, wenn die Meinung mit Fremdmaterial zur Herstellung von Glaubwürdigkeit unterlegt wurde. Jeder hat also weiterhin das Recht, seine Meinung rauszuposaunen ... die Richtlinie verhindert nur, dass sie in der Breite gehört wird. Mit einer solchen Isolierung verhindert diese Richtline im Nebeneffekt absolut wirksam die Bildung von Meinungssolidarität. Und die dazu passende andere Seite der Medaille ist das geradlinig ausgerichtete Meinungsmanagement. Auf der einen Seite wird Wissen fehlen, auf der anderen Seite wird massiv indoktrinierendes Wissen verbreitet. Das heisst, unsere Informationsquellen werden deutlich auf Propaganda reduziert. Mit diesem Filter, der nicht anders als ein Instrument der Softpower-Methoden ist, wird im Effekt also verhindert, dass wir uns künftig auf breiter Ebene mit Meinungen solidarisieren können.


    Für meine Behauptungen gibt es meiner Meinung nach sogar einen eindeutigen Indikator... einen Gradmesser... mit dem in naher Zukunft eindeutig festgestellt werden kann, ob ich die Zukunft zu schwarz gemalt und somit Unrecht hatte oder ob ich vielleicht doch Recht habe. Dazu empfehle ich unbedingt sich einmal diese beiden Saalvorträge (Lämmer und Angst) anzuhören. Ich empfehle ganz besondern jenen Lesern, ein bisschen Zeit dafür zu opfern, die glauben, sie hätten eine eigene Meinung. Mit diesen hochinformativen Vorträgen kann jeder für sich selber überprüfen, ob er im schlimmsten Fall vielleicht doch nur eine Meinung vertritt, die ihm von anderen gegeben wurde oder ob sie -im Idealfall- auf persönlich eruierte bzw. verifizierte Fakten basiert. Allein die Kommentare unterhalb sollten schon Neugier wecken.


    Diese persönliche und heute noch öffentlich verfügbare Meinungsäußerung von Prof. M., davon bin ich überzeugt, wird vermutlich jeden derzeit verantwortlichen Realpolitiker vor Wut schäumen lassen. Leider enthalten die beiden Vorträge aber auch jede Menge verwendetes Fremdmaterial, Verweise, ZItate... das ist notwendig, um die Aussagen zu belegen. Ich glaube, dass ein Upload-Filter (menschlich oder maschinell) diese Beiträge unter dem Vorwand Urheberrechtsverletzung filtern wird, eben deshalb, weil keinem vor Wut schäumenden Politiker daran gelegen ist, dass sich die normalen Menschen an einer solchen Meinung 'infizieren' ... eben weil sie denken, wir dürfen so etwas nicht wissen. Und wirklich jeder, der vorher keine Kenntnisse von der Existenz dieser Vorträge hatte, wird jemals erfahren, was ihm vorenthalten wird.


    Warten wir es also ab. Sind in 2-3 Jahren die Vorträge verschwunden, können wir uns bei denen bedanken, die uns Frösche gebetsmühlenartig mit Scheinfakten und Umdeutungen damit belogen haben, dass das Wasser auf dem Herd immer kalt bleibt. Wenn ich Recht habe, ist es dann allerdings zu spät, um noch was zu ändern. Wenn ich allerdings wider eigener Erwartungen Unrecht habe, werde ich mich natürlich entschuldigen .... und ich werde wirklich erleichtert darüber sein, Unrecht zu haben.

  • Servus @ThomasL,

    Eigentlich müsste Dir aber klar sein, dass die Richtlinien-Rechtfertigung mit Bezug auf Art 1 und 5 GG völlig substanzlose Nebelbomben sind... die Richtlinie steht nämlich in absolut keinem Konflikt mit dem GG

    Sagte ich ja in Beitrag #142:

    Bezogen auf Artikel 5 im Grundgesetz sehe ich bei Abarbeitung der Paragraphen (ehemals) 11 und (ehemals) 13 der EU-Richtlinie bei entsprechender Auslegung keine Kollision:

    [...]

    Bei computerprogrammmäßiger(?) Abarbeitung komme ich somit zu dem Schluss, dass sich Art. 5 GG und eine kommende Copyright-Novelle nicht tangieren werden und letztere daher in Deutschland problemlos grundgesetzeskonform eingeführt werden kann/wird.


    Auch bezüglich der Wirkung dieser Richtlinie bin ich klar Deiner Meinung. Die Richtlinie und die daraus resultierenden nationalen Gesetze werden die Meinungsfreiheit als solche nicht einschränken, aber ein probates Mittel des Meinungsmanagements werden. Anstelle von "Meinungsmanagement" kann man auch "Manipulation" sagen:

    Diese Richtlinie schränkt jedenfalls NICHT die Meinungsfreiheit ein. Wer etwas anderes behauptet, der lügt. Was diese Richtlinie (später als Gesetz) tut, ist deutlich perfider ...sie lässt zwar unverändert Meinungen zu und belässt jedem in dem Glauben, er dürfe eine Meinung haben. Aber gleichzeitig hat sie die Macht, Meinungsäußerungen von der Masse potentieller Zuhörer (durch den Filter) zu isolieren... und zwar immer dann, wenn die Meinung mit Fremdmaterial zur Herstellung von Glaubwürdigkeit unterlegt wurde. Jeder hat also weiterhin das Recht, seine Meinung rauszuposaunen ... die Richtlinie verhindert nur, dass sie in der Breite gehört wird. Mit einer solchen Isolierung verhindert diese Richtline im Nebeneffekt absolut wirksam die Bildung von Meinungssolidarität. Und die dazu passende andere Seite der Medaille ist das geradlinig ausgerichtete Meinungsmanagement.

    Ansonsten will ich Dir für Deine ausführliche, gut strukturierte und sachliche Ausarbeitung danken, ich hätte es nicht ansatzweise so gut formulieren können. :thumbup:

  • Nach der Geschichte mit Huawei, habe ich das Gefühl, das Artikel 13 möglicherweise einfach nur ein Versuch ist Google ans Bein zu pissen. Der Konzern zahlt offensichtlich nicht so viel Steuern in der EU wie die Politik es gerne hätte. Also überlegen die sich, wie man die ein wenig piesacken kann.


    Leider habe ich mittlerweile den Standpunkt das man keinem Politiker mehr trauen kann. Weil ich nicht glaube das sie den Willen des Volkes vertreten, sondern ihre eigenen Interessen, oder die ihrer "Freunde".

  • Nach der Geschichte mit Huawei, habe ich das Gefühl, das Artikel 13 möglicherweise einfach nur ein Versuch ist Google ans Bein zu pissen.

    ganz im Gegenteil:

    Google wettert über seine Tochter YouTube gegen Art. 13, um bei den Internetnutzern gut dazustehen. Insgeheim freut sich dieser Konzern aber über die Einführung dieser Novelle, da er einer der wenigen ist, der Maßnahmen wie Uploadfilter finanziell leicht und technisch noch einigermaßen stemmen kann. Sowas ist für mich Lobbyismus pur.

  • ganz im Gegenteil:

    Google wettert über seine Tochter YouTube gegen Art. 13, um bei den Internetnutzern gut dazustehen. Insgeheim freut sich dieser Konzern aber über die Einführung dieser Novelle, da er einer der wenigen ist, der Maßnahmen wie Uploadfilter finanziell leicht und technisch noch einigermaßen stemmen kann. Sowas ist für mich Lobbyismus pur.

    Es könnten Google aber auch etliche Werbeeinnahmen wegbrechen je nachdem wie viel Videos nicht durch den Filter gehen. Ich bin mir da nicht so sicher ob Google sich darüber freut oder nicht.


    Wenn Google jedoch ihren Filter "weiterverkaufen" stehen die hinterher möglicherweise als der große Gewinner da.