Hallo Franky07,
sowas in der Art wollte ich auch gerade schreiben. Wenn es sich um ein gemeinsames Lernprojekt von mehreren Gruppen handelt - und es technisch mehrere Möglichkeiten gibt, die jeweils mit der gleichen Erfolgsaussicht zum Ziel führen:
- manches ist mehr hardware-lastig
- manches ist mehr software-lastig
dann sollte jede Gruppe einen anderen Ansatz verfolgen. Am Ende berichtet jede Gruppe den anderen Gruppen. Und zum Schluss hat jede Gruppe den maximalen Lernerfolg.
EDIT:
Mir fällt gerade eine Geschichte aus meinem Berufsleben ein.
Bei einem Projekt bei einem Kunden, den ich von 2008 bis 2014 betreut hatte, gab es eine neue Produktentwicklung. Ich war für die Qualifizierung der verschiedenen Maschinen zuständig.
Eine Maschine von ca. 15 der neuen Produktionslinie war eine Laserschweißanlage, die zwar programmiert werden konnte, aber nicht so flott war. Aber für die Prototypen und erste Kleinserien war das OK. Das Produkt war recht erfolgreich. Irgendwann reichte eine Laserschweißanlage nicht mehr aus. Auch mit der zweiten baugleichen Maschine zusätzlich erreichten wir nicht die Stückzahlen, die die Kunden bestellten.
Also reifte der Gedanke, ein 5-Achs-CNC-Laserschweißsystem eines der großen Anbieter zu erwerben.
Die beteiligten Jung-Ingenieure analysierten den Prozess und stellten fest, dass der geschwindigkeitsbestimmende Schritt darin bestand, das Zwischenprodukt mehrfach auf einer Vorrichtung umzustecken, um die erforderlichen Schweißnähte (überwiegend luftdichtes Verschweißen von Fenstern aus Spezialglas in ein Metallgehäuse) anzubringen.
Der im Projekt involvierte Kollege aus dem Prototypenbau sollte sich eine Vorrichtung ausdecken, die mit maximal zweimal Umstecken zum Ziel führt (Zeitersparnis beim Schweißen: dann 50 %).
Er überlegte sich: Warum zweimal Umstecken? Genügt nicht einmaliges Umstecken? Und dann: Warum überhaupt Umstecken? Reicht nicht einmal Aufstecken des Zwischenprodukts auf die Vorrichtung und das CNC-Programm schweißt die Schweißnähte?
Dann zeigte er die Idee den Jung-Ingenieuren. Ich war auch dabei. Die Jung-Ingenieure hatten ganz viele Einwände, warum das nicht geht, warum das wegen Verschleiß nicht lange gut gehen kann und dass der Ansatz überhaupt nur Scheiße ist.
Ich habe die Idee ehrlich gesagt kaum verstanden. Mich hat aber Mut und Vision des Prototypen-Bastlers beeindruckt. Abschließend meinte ich dann zu den Jungingenieuren, dass man dem Kollegen (der einzige im Team, der nicht studiert hatte) mal eine Chance geben sollte, seine Idee umzusetzen.
Er bekam die von ihm für erforderliche gehaltene Zeit. Er hat einen Prototypen gebaut. Er bastelte, fräste, schliff und polierte. Dann kam das Ergebnis. Raumschiff Enterprise wirkt dagegen wie ein Klapprad aus Kindertagen.
Die Jung-Ingenieure hatten jetzt noch mehr Einwände, warum das nicht funktionieren könne. Er hat in die Vorrichtung noch etwas eingebaut, was Bauteile außerhalb der Toleranz beim Aufstecken bereits erkennen ließ. Die Jung-Ingenieure wurden immer skeptischer und wirkten wegen der vergeudeten Zeit immer angesäuerter. In der Zeit hätte er auch die Vorrichtungen der Altanlagen umbauen können etc.
Dann wurde die Vorrichtung angeschlossen und ausprobiert. Funktionierte auf Anhieb. Sah geil aus. Machte Spaß, damit zu arbeiten.
Der einzige Einwand der Jung-Ingenieure bestand dann noch darin, dass die Vorrichtung zu schnell verschleißen würde. Sie spekulierten mit wenigen 100 Exemplaren (Wochen-Volumen 35).
Die Jahresproduktion von 2000 hat der Schnellschuss-Prototyp problemlos überstanden, ohne dass irgendwas verschlissen wäre. Das nächste Jahr genauso. Die Jahre vergingen. Der Prototyp blieb. Und auch 10.000 Stück schaffte der Prototyp. Dann war meine Zeit abgelaufen.
Lasst die Teams doch einfach mal eigene Wege definieren, eigene Wege gehen. Nur so lernt man. Ich habe zu viele Leute erlebt, die keine eigenen Ideen hatten und selbst fertige Tutorials nicht umsetzen konnten, weil es dann auch woanders hakt.
Viele geniale Entwicklungen kamen erst dadurch zustande, dass jemand bereit war, andere darin zu fördern, neue Pfade zu gehen, auf denen vorher niemand seine Spuren hinterlassen hat.
Nicht jeder Gedanke wurde schon mal gedacht, um Neues zu durchblicken.
Aber vieles davon mag funktionieren.
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Beste Grüße
Andreas