Dein Projekt hat mehrere interessante Ansätze, die ich zunächst einmal positiv herausstellen will: die Verwendung der PiTS-Managementsoftware war mir neu, ebenso auch die Verwendung des NE555.
Aus physikalischer Sicht jedoch hat das Projekt aus meiner Sicht einige Schwächen, diese sind im Einzelnen:
1) In der Produktbeschreibung zu dem DIY Geiger-Müller Zählrohr (GZM) wird erwähnt, dass es eine Äquivalentdosisleistung zwischen 20 und 120 mR/h messen kann. Die Verwendung von R (Rem) als Einheit für die Äquivalentdosis ist seit 1985 abgeschafft, bereits seit 1975 lautet die Empfehlung der SI hier Sv (Sievert) zu nehmen. Ein Hersteller, der dies nicht weiß, ist m.E. nicht auf der Höhe der Zeit und nur bedingt ernst zu nehmen.
2) Die Äquivalentdosis beschreibt (grob zusammengefasst) das Ausmaß der Schädigung von menschlichem Gewebe aufgrund ionisierender Strahlung. Leider fehlen in der Produktbeschreibung jegliche Hinweise, in welcher Position relativ zum menschlichen Körper das Gerät aufgestellt werden muss. Oder anders ausgedrückt: eine Bestrahlung der Füße (Gerät liegt auf dem Fußboden) hat eine viel schwächere Schädigung des menschlichen Gewebes zur Folge als eine Bestrahlung des Kopfes (Gerät ist auf Augenhöhe installiert). Das Gerät wird aber auf dem Fußboden die gleiche Äquivalentdosisleistung ausweisen wie direkt unter der Decke und damit kann das Messergebnis nicht mehr korrekt sein.
3) In der Produktbeschreibung findet sich eine sehr merkwürdige Angabe betreff Betastrahlung: "... 100 ~ 1800 aus Variablen / Punkte / cm 2 des weichen Betastrahls." Da das Zählrohr offensichtlich aus Glas (oder einem ähnlichen Werkstoff) besteht, kommt sogenannte "weiche Betastrahlung" gerade eben nicht in das Innere des Zählrohrs, sie wird abgeschirmt. Nur harte Betastrahlung erreicht das Innere aber dafür scheint das Gerät nicht ausgelegt zu sein. Die Angabe mit Variablen und Punkten ist nicht nachvollziehbar. In der englischen Übersetzung ist das nicht besser.
4) In der Beispielgrafik für den Messverlauf wird in der 3. Zeile hinter "Äquivalentdosis" ein Wert für die "Äquivalentdosisleistung" angegeben. Das passt nicht zusammen und stellt einen groben Schnitzer in der Darstellung der Daten dar.
5) In Deinem Beitrag schreibst Du "Damit kann man auch als interessierter Maker-Laie und ambitionierter -Einsteiger einfach und effektiv die Radioaktivität zusammen mit einem Raspberry Pi messen" und "Die radioaktive Belastung im Büro wurde zuverlässig gemessen und aufgezeichnet." Das ist in mehrfacher Hinsicht leider falsch. Das Messen von Radioaktivität ist ein weites Feld, weil unter dem Begriff Radioaktivität sehr viel verschiedenes verstanden werden kann, was zwar mit einander zusammenhängt aber dennoch nicht das gleiche ist. Konkret kann darunter nur die Zählung von Strahlungsereignissen pro Zeit verstanden werden, was gleich der Zählung von Zerfallsereignissen pro Zeit ist, ausgedrückt in Becquerel. Siehe dazu auch die unterste Grafik, die die Radioaktivität als cpm (counts per minute) ausweist statt korrekt in Becquerel. Auch kann unter Radioaktivität die Messung einer Äquivalentdosis verstanden werden, was der Summe aller Schädigungen auf ein menschliches Gewebe entspricht, ausgedrückt in Sievert. Hinzu kommt, dass gerade im Büro die Belastung durch Radon sehr wichtig zu wissen wäre, das ist aber ein Alpha- und Betastrahler. Gerade Alphastrahlung erfasst das GMZ erst recht nicht, die Alphateilchen werden zu 100 % durch das Glas abgeschirmt. Tückisch an Radon ist, dass es sich um ein Edelgas handelt und eben mit der Atemluft aufgenommen wird. Das müsste Dein Aufbau auch irgendwie berücksichtigen.
Du hast zwar erfolgreich eine Langzeitmessung hinbekommen aber von Messen von Radioaktivität kann hier leider nicht die Rede sein. Ferner hast Du nur einen recht kleinen Bereich an Äquivalentdosisleistung gemessen; einen Strahler, der mit dem x-fachen an Äquivalentdosisleistung im Raum versteckt gewesen wäre, wäre entweder gar nicht bemerkt worden oder diese Werte wären einfach zu den vorhandenen dazugeschlagen worden. Ebenso wäre ein Strahler nicht korrekt erfasst worden, der mit mehr als etwa 0,5 Becquerel strahlt: das GMZ kann in der genannten Konfiguration laut Produktbeschreibung nur 25 Ereignisse je Minute zählen. Diesen Wert halte ich übrigens für erheblich zu niedrig, vielleicht waren 25 Ereignisse je Sekunde gemeint.
Fazit aus dem ganzen: Ich halte es für völlig falsch bis grob fahrlässig, mit solchen Aufbauten ohne das nötige Fachwissen zu hantieren und dann auch noch ganze Landstriche mit sogenannten Messstationen zu überziehen-so klasse ich die Idee einer gemeinsamen und geteilten Messung auch finde.
Mir kommt das Vermischen von physikalischen Fachbegriffen und das Ziehen völlig falscher Schlüsse irgendwie sehr bekannt vor: Das war schon 1986 nach dem Unfall in Tschernobyl so und auch bei Fokushima waren einige Berichte das CO2 nicht wert, um sie um den Erdball zu senden. Auch dieser Beitrag ist ein Beispiel dafür, dass es wohl nicht ganz einfach ist, sich mit der Materie zu beschäftigen.
Ich gebe Dir den Rat, erst einmal Grundlagenforschung zu betreiben, bevor Du Dich mit dem Thema weiter auseinandersetzt - auch im Interesse Deiner eigenen Gesundheit, denn darum scheint es ja primär zu gehen.